Der 9. Brief Quer durch Indien zurück nach NepalKathmandu, 21. Februar 2003 Hallo, ich habe eine Motorradpause eingelegt und bin mit dem Bus nach Indien gefahren. Diesmal fand ich Indien ziemlich relaxt, aber das lag vermutlich daran, dass ich mich in vielen Backpacker-Orten aufgehalten habe und somit dem wirklichen Indien entflohen bin. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich mit dem Schlechtesten gerechnet hatte, und wenn dann doch einmal ein Inder nett und hilfsbereit war, dachte ich, so schlecht ist Indien doch gar nicht Seit der Türkei bin ich gewohnt, dass, wenn jemand "No Problem" sagt, dann bedeutet das so viel wie "ich verstehe zwar Dein Problem nicht, aber ich kann eines schaffen, dass wir dann vielleicht auch lösen können " Was ich aber nie verstehen werde: Wenn es jemands einziger Job ist, Geld zu kassieren, warum hat er dann kein Wechselgeld? Anstatt es ab und zu bei der Bank zu holen, läuft er lieber jedes Mal los und sucht jemand, der wechseln kann. Oder wir warten auf einen Boy, der dann den Boss holt, der irgendwann mit einem Schlüssel auftaucht und eine Schublade aufsperrt, in der sich doch tatsächlich ein bis zwei Euro Wechselgeld befinden. Wenn man aber mit einem größeren Schein bezahlt, dann muss er noch einmal nach einem anderen Schlüssel laufen. Oder sie stehen mit einer Hand voll Scheine da und behaupten, sie hätten kein Wechselgeld. Oft sind sie auch einfach überfordert zu rechnen oder den Taschenrechner zu benutzen Erstaunlich auch: nach 30 Stunden Zugfahrt sind die Klos üblicherweise immer noch zu benutzen, nach 6 Stunden deutschem D-Zug ist das zweifelhaft. Die Reiseroute war: Varanasi Goa Hampi Hyderabad Ajanta Delhi Jaisalmer Udaipur Pushkar Jaipur Khajuraho Nepal. Meine Hauptbeschäftigung war überall essen und einkaufen. Varanasi hat mich ein bisschen an Venedig erinnert, nebelig, kalt und schmutzig. Nur laufen dort keine Kühe rum. Goa ist einer der besten Orte zum Klamotten kaufen. Ansonsten saßen dort ganz viele, ganz coole Leute rum, die sich selten unterhalten haben und auch sonst sehr gelangweilt aussahen. Ich hätte sie gerne mal gefragt, ob sie Spaß haben, aber vermutlich hätten sie die Frage nicht verstanden. Und dann gab's natürlich noch jede Menge Enfields (das sind indische Motorräder) mit coolen Leuten Die Faszination von Palmen am Strand kann ich auch nicht so ganz verstehen, erstens werden sie von indischen Männern als Klo benutzt, zweitens fallen einem Kokosnüsse auf den Kopf oder man sitzt in der Sonne. Ach ja, und am Strand kam ich mir vor wie ein Filmstar, denn alle zwei Minuten kamen indische Männer und haben gefragt, ob sie mich fotografieren dürfen. Hampi war mehr relaxt und für die meisten Backpacker der Chill-out-Platz nach den Technopartys in Goa, nebenbei konnte man auch noch Sightseeing machen und alte Tempel besichtigen. Hyderabad war auch erholsam, gerade weil es so untouristisch war, so dass mir nicht andauernd jemand etwas verkaufen wollte und ich in Ruhe durch die Basare schlendern konnte. Vielen waren eher besorgt um mich. Ob ich wirklich Saft ohne Zucker will und ob ich wirklich dahin will, wo der Bus hinfährt Ajanta: Da gab es buddhistische Höhlen zu sehen, da die Bilder aber schon ziemlich abgeblättert waren und wir im Dunkeln standen, konnte ich wenig erkennen auf Grund meiner kulturellen Prägung habe ich immer mittelalterliche Schlachten gesehen Auf der Weiterfahrt nach Delhi (12 Stunden Fahrt) hatte ich keine Platzreservierung. Bisher habe ich mich immer geweigert, zehn Inder in meinem Bett sitzen zu lassen, nur weil sie sich kein eigenes reservieren, jetzt habe ich Inder gesucht, die mich ins Bett lassen Rajasthan: Da gibt es vor allem Wüste, Kamele und alte Burgen Menschen und Landschaft erinnern mich an Pakistan, die Burgen auch, nur kostete der Eintritt das 50fache. In Pushkar gab es fast mehr deutsche Touristen als Israelis, das will was heißen. und natürlich viele Hippies Jetzt bin ich wieder in Kathmandu und habe gerade mein Moped in eine Kiste gepackt, am Montag treffe ich es dann hoffentlich in Bangkok wieder. Grüße, 2003 © Wolkenschaf.de |